Übersicht über die Ereignisse von 1763-1918

22.2.1885
Staatskanzler Bismarck ordnet am 22. Februar die erste Massenausweisung von Polen an, die aus dem russischen Kongreßpolen stammten, zum Teil schon lange in Posen lebten und nur noch nicht eingebürgert worden waren. Die Maßnahme wird im Juli auf Oberschlesien ausgedehnt, wo galizisch-österreichische Polen ausgewiesen werden. Bis 1887 werden fast 26 000 Polen und Juden ohne preußische Staatsangehörigkeit des Landes verwiesen, wobei die Durchführung, bei der Frauen und Kinder mit Gewehrschlägen im tiefsten Winter über die Grenze getrieben werden, dem Sachverhalt einer Vertreibung nahekommt.
26.4.1886
Am 26. April verabschiedet der Reichstag das Gesetz "betreffend die Beförderung deutscher Ansiedlungen in den Provinzen Westpreußen und Posen". Das Ansiedlungsgesetz soll durch staatlichen Bodenkauf in den preußisch-polnischen Gebieten und durch die Ansiedlung deutscher "Erbbauern" zu einer Verdrängung des polnischen Landadels führen. Es wird die königlich preußische Ansiedlungskommission egründet, der von der preußischen Regierung ein Fonds von 100 Millionen Mark für den Ankauf von Grundbesitz zur Verfügung gestellt wird.
1886
Als Gegengewicht gegen den millionenschweren deutschen Ansiedlungsfond werden in Posen im Februar die "Verbandsbank" der polnischen Genossenschaften (Bank Zwiazku), und im November die "Landbank" (Bank Ziemski) mit überwiegender finanzieller Beteiligung des polnischen Adels gegründet. Beide Banken entwickeln sich zur echten Konkurrenz der deutschen Ansiedlungskommission und werden zu einem Instrument des erstarkenden polnischen Nationalbewußtseins.
1890
Bismarck wird entlassen. Der nachfolgende Reichskanzler von Caprivi benötigt die Unterstützung der polnischen Fraktion im Reichstag gegen das Zentrum und macht deshalb Zugeständnisse. Die Sprachregelung in Posen wird etwas gemildert, staatliche Kredite auch polnischen Unternehmen eingeräumt, der Abgeordnete von Stablewski als Erzbischof von Posen und Gnesen eingesetzt. .
1891
Der Alldeutsche Verband (der bis 1894 "Allgemeiner Deutscher Verband" heißt), wird gegründet. Ziel des Vereins ist eine Unterstützung der deutschen Flotten- und Kolonialpolitik mit einer stark antibritischen Propaganda. Seine zusätzlichen Themen wie die Eroberung und Eindeutschung des Ostens, die Zerschlagung des russischen Reiches, die Umsiedlung und Versklavung der Ostvölker ebenso wie die Vertreibung der Juden werden im Dritten Reich zum Programm.
1892
Josef Pilsudzki, der aus der sibirischen Verbannung zurückgekehrt ist, gründet mit anderen die Polnische Sozialistische Partei.
1894
Die polnische Fraktion, die 1893 im Reichstag für die Militärvorlage gestimmt hat, mit der die Aufrüstung im deutschen Reich finanziert wird, sieht sich der Kritik aus Polen ausgesetzt. Der Abgeordnete Koszielski legt sein Mandat nieder. Damit findet die "Versöhnungsära" der Regierung Caprivi ihr Ende.

Die Hakatisten

3.11.1894
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Die Hakatisten 1894
Am 3. November wird in Posen der nationale "Verein zur Förderung des Deutschtums in den Ostmarken" gegründet (ab 1904 "Deutscher Ostmarkenverein", auch "Hakatistenverein"). Der Verein fordert exterritoriale staatliche "Lösungen" in Form von aggressiver Siedlungsförderung im polnischen Osten und wird von Prominenten wie Altkanzler Bismarck und dem Industriellen Alfred Krupp unterstützt.
1900
Unter Reichskanzler von Bülow (1900-1909), der sich zum eifrigen Sprecher des Ostmarkenvereins macht, verschärfen sich die antipolnischen Maßnahmen weiter. Den preußischen Polen wird jetzt nicht mehr nur keine nationale Selbstbestimmung mehr zugestanden, sie werden zunehmend als nationale Feinde auf Reichsgebiet behandelt.
1900
Der preußische Kultusminister von Studt verfügt den obligatorischen Gebrauch der deutschen Sprache auch im Religionsunterricht der Ober- und Mittelstufe.

Wreschener Schulstreik

1901
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Schulstreik 1901
In der Stadt Wreschen bei Posen kommt es wegen der neuen Sprachregelung 1901 zu einem Schulstreik. Der darauffolgende Prozess löst europaweite Proteste aus.
1902
Erster Besuch des deutschen Kaisers Wilhelm II. in der polnischen Provinz Posen. Der Pomp der Inszenierung kann über den schlechten Ruf seiner Polenpolitik nicht hinwegtäuschen.
1903
Die aus Polen stammende Wissenschaftlerin Marie Curie-Sklodowska erhält den Nobelpreis für Physik.

Drzymalas Wagen

1904
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Drzymalas Wagen 1904
Der Versuch des Bauern Michal Drzymala, mit Hilfe eines Zirkuswagens das preußische Ansiedlungsgesetz auszuhebeln, wird in Polen zur Legende.
1905
Die Russische Revolution führt in Russisch-Polen zu Unruhen. Massendemonstrationen in Warschau werden durch die Verhängung des Ausnahmezustands beendet.
1905
Erstmals streiken Deutsche und Polen gemeinsam im Ruhrgebiet.
1906
Im April läßt der Kultusminister von Studt den polnischen Religionsunterricht auch in der Oberstufe verbieten. Im Sommer und Herbst kommt es zu einem großangelegten, von Eltern, Geistlichen und geheimen Schülergesellschaften organisierten Schulstreik. 40.000 Schüler demonstrieren durch wochenlanges Fernbleiben von der Schule gegen die Verfügung Preußens.
1908
Der Preußische Landtag verabschiedet das neue Ansiedlungsgesetz mit dem Enteignungsparagraphen, das deutschen Ansiedlern in den Ostprovinzen höheres Recht zuspricht, die Ansiedlung von Deutschen in den Provinzen Posen und Westpreußen fördert und 70.000 Hektar polnisches Territorium zu diesem Zweck enteignet.
19.4.1908
Das am 19. April erlassene Reichsvereinsgesetz lässt polnisch sprechende Versammlungen nur noch dort zu, wo mehr als 60% der Bevölkerung Polen sind. Der preußische Landtag hatte gedroht, selbst noch schärfere Sprachregelungen zu erlassen, sollte das Reichsgesetz nicht zustandekommen.
1911
Marie Curie-Sklodowska erhält den Nobelpreis für Chemie.
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