Auf seinen Befehl begann und endete der Warschauer Aufstand.
Der in eine galizische Adelsfamilie geborene Komorowski kämpfte als k. u. k. Offizier im I. Weltkrieg. Er wurde anschließend in die neue polnische Armee übernommen und befehligte 1939 eine Kavalleriebrigade.
Nach der Niederlage der polnischen Armee gründete Komorowski in Krakau zusammen mit zwei anderen Obristen eine Untergrund- organisation, die zu Beginn des folgenden Jahres dem „Bündnis für den bewaffneten Kampf“ (Zwiazek Walki Zbrojnej, ZWZ, seit Februar 1942 Heimatarmee/Armia Krajowa, AK) beitrat. Im Februar 1940 wurde der unpolitische
Komorowski zum Kommandant des Gebiets Krakau des ZWZ ernannt. Im Frühjahr 1941 mußte der enttarnte Komorowski vor den deuschen Sicherheitskräften nach Warschau ausweichen. In der Hauptstadt wurde er Stellvertreter des „Kommandant der Streitkräfte in Polen“, General Stefan Grot-Rowecki.
Am 30. Juni 1943 verhafteten die Deutschen Grot-Rowecki und ermordeten ihn Anfang August 1944. Komorowski wurde sein
Nachfolger als Chef der ZWZ (Deckname Bor=Wald).
Als sich sowjetische Truppen, die 1939 in Polen eingefallen waren, im Kampf mit dem nunmehr gemeinsamen Feind Deutschland dem Territorium Vorkriegspolens näherten, wies Komorowski Anfang 1944 die AK-Einheiten an, sich gegenüber der Roten Armee kooperativ
zu verhalten. Die AK-Einheiten sollten in der Operation „Burza“ (Gewittersturm) die Kontrolle über Territorium und Städte übernehmen, die kurz vor der Einnahme durch die Rote Armee standen. Zum einen sollte die Bevölkerung vor Übergriffen der Deutschen geschützt werden, zum andern die Sowjets von polnischen „Hausherren“ empfangen werden. Doch die Russen entwaffneten, deportierten oder liquidierten die AK-Soldaten. So sah sich Komorowski letztlich gezwungen, „Burza“ auf ein Minimum zu beschränken.
Warschau sollte von „Burza“ zunächst ausgenommen werden in der Hoffnung, der Stadt weitere Kriegsschäden zu ersparen. Komorowskis Einschätzung der Lage änderte sich erst in der zweiten Julihälfte 1944: die überwältigenden Erfolge der sich Warschau nähernden Russen schienen einem Aufstand Erfolg zu verheißen; das Attentat vom 20. Juli legte es nahe, daß Deutschland wie 1918 in sich zusammenbrechen würde. Es schien politisch notwendig, eine Frist zwischen deutscher und sowjetischer Herrschaft zu gewinnen, in der eine eigene Verwaltung installiert werden konnte. Die Exilregierung ermächtigte Komorowski am 26. Juli,
den allgemeinen Aufstand in Warschau nach seinem Ermessen auszulösen. Am 31. Juli, als der Einmarsch der Russen unmittelbar bevorzustehen schien, hielt
Bor den richtigen Moment für gekommen und befahl, den Aufstand am folgenden Tag um 17 Uhr zu beginnen.
Trotz überwältigender personeller und materieller Überlegenheit der Deutschen und der Verweigerung jeglicher effektiven Hilfe durch Stalin hielten die Aufständischen 63 Tage durch, ehe Bor die Kapitulation anbieten mußte. Von deutscher Seite waren zuvor schwerste Kriegsverbrechen begangen worden, die mit dem „Banditenstatus“ der Aufständischen „begründet“ worden waren. In dem zwischen Bor und dem deutschen Befehlshaber von dem Bach ausgehandelten Waffenstillstand wurde den AK-Kämpfern ein Kombattanten-Status zugesichert. Allerdings brachen die Deutschen im Anschluß ihre Zusagen für die aus Warschau evakuierte Zivilbevölkerung, die zur Zwangsarbeit und in KZs gezwungen wurde.
Bors Händedruck mit von dem Bach wurde von den Kommunisten später als „Beweis“ für
seinen „Verrat“ ausgeschlachtet. Er habe die Warschauer durch die Kapitulation angeblich den Deutschen ausgeliefert, wie überhaupt die Heimatarmee insgeheim mit den Deutschen paktiere.Tatsächlich versuchten die Deutschen, den Kriegsgefangenen Bor für eine Zusammenarbeit mit ihnen zu gewinnen, doch wies Komorowski ihr Werben unmißverständlich zurück.
Nach Ende der Gefangenschaft ging Bor-Komorowski wie viele andere hohe Offiziere der Heimatarmee ins englische Exil und übte formell den Posten des „Obersten Befehlshabers der Polnischen Streitkräfte“ aus. 1947-49 war er Ministerpräsident der Exilregierung, 1956 wurde er Mitglied des Dreierrats, des kollektiven Präsidialamtes. Seine politischen Ämter machten ihn endgültig zu einer Gallionsfigur des polnischen Exils. Zum 50. Jahrestag des Warschauer Aufstandes wurde Bor-Komorowski endlich offiziell geehrt und einen Tag vor den Feierlichkeiten mit großem Zeremoniell in Warschau beigesetzt.