Die Sowjetunion, die USA und Großbritannien entscheiden über Strukturen und Grenzen des Nachkriegsdeutschlands.
Vom 17. Juli bis 2. August 1945 konferieren die Alliierten über Deutschland während der sogenannten Potsdamer Konferenz. Als Vertreter der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und der UdSSR verhandeln Harry Truman, Sir Winston Churchill (ab 28. Juli 1945 dessen Nachfolger Clement Attlee) und Josef Stalin Deutschlands Position im Europa der Nachkriegszeit. Dabei bauen sie auf den Beschlüssen der Konferenzen von Jalta und Teheran auf. Die Potsdamer Konferenz bewegt sich zwischen zwei Zeitaltern: Die Sowjetunion hat durch das Vordringen ihrer Armee in Osteuropa Tatsachen geschaffen
, die für lange Zeit Bestand haben sollen, Großbritannien sieht sich zunehmend in die Rolle
eines Juniorpartners der USA gedrängt und die USA sind unter Truman längst nicht mehr so sowjetfreundlich wie unter dem Vorgänger Roosevelt. Die gegensätzlichen Interessen der UdSSR und der Westmächte prallen in Potsdam weit stärker aufeinander als dies in Teheran oder Jalta jemals der Fall gewesen war. Man einigt sich auf die Entnazifizierung, die Verhaftung der
führenden Nazis. Ein Alliierter Kontrollrat soll die oberste Regierungsgewalt übernehmen. Eine Mitkontrolle Stalins über das Ruhrgebiet lehnen die Westmächte entschieden ab, unterstellen aber im Gegenzug das nördliche Ostpreußen und Königsberg sowjetischer Kontrolle. Ein umstrittenes Thema ist die Behandlung der deutschen Ostgebiete. Eigenmächtig hat Stalin bereits in den Territorien jenseits von Oder und Lausitzer
Neiße eine polnische beziehungsweise sowjetische Verwaltung eingerichtet. In Potsdam wird die Oder-Neiße-Linie von den Westmächten de facto zwar anerkannt, jedoch soll die endgültige Festlegung der deutschen Grenzen erst in einem Friedensvertrag erfolgen. Der Punkt IX b des abschließenden Kommuniques ist bis in das Jahr 1990 Streitpunkt in der internationalen Politik. Er trennt die „früheren deutschen Gebiete“ zwischen der ehemaligen deutsch-polnischen Grenze und der Oder-Neiße-Linie von der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland ab und unterstellt sie der „Verwaltung“ des polnischen Staates und schiebt die „endgültige Festlegung der Westgrenze Polens (...) bis zu einer Friedensregelung“ auf.
Die Briten und Amerikaner stimmen der „polnischen Verwaltung“ zu, weil die in Potsdam anwesende polnische Delegation unverzüglichen feien Wahlen zustimmte. Ein falsches Versprechen, wie man heute weiß. Ebenfalls wird die „Überführung“ der in diesen Gebieten wohnenden Deutschen
„in ordnungsgemäßer und humaner Weise“ beschlossen. Die schon laufende Vertreibung von über 9 Millionen Menschen wird damit legalisiert. Sanktioniert wird der Grundsatz, Konflikte durch die Entfernung einer Nationalität aus dem einer anderen Nationalität gehörenden Territorium zu lösen – was im Fall polnischer Gebiete seit 1939 praktiziert worden war.
Die Vertreter Londons und Washington haben Einwände nicht gegen das Prinzip der Aussiedlung, sondern gegenüber den Folgen für ihre Besatzungszonen, wenn wirklich über neun Millionen Menschen in das kriegszerstörte deutsche Kernland fluten werden. „Die Entscheidung über die Aussiedlung der deutschen Bevölkerung östlich von Oder und Neiße bedeutet die faktische Hinnahme der Oder-Neiße-Linie als Staatsgrenze, anders hätte die Aussiedlung der Deutschen keinen Sinn gemacht.“ schreibt der Historiker W. Borodziej