Die Zeit zwischen der 3. Teilung Polens bis zur Wiederentstehung des polnischen Staates am Ende des ersten Weltkrieges war gekennzeichnet durch das Streben zu einem eigenen Staat.
Die polnische Nationalhyme entstand als Kampflied polnischer Legionen, die sich in der Hoffnung den Armeen Napoleons angeschlossen hatten, für Frankreich und zugleich für ein freies Polen zu kämpfen. Das Lied beginnt mit den Worten „Jeszcze Polska nie zginela kiedy my zyjemy – Noch ist Polen nicht verloren, solang wir leben.“ Es hat den Refrain: „Marsch, marsch, Dabrowski, von Italien nach Polen.“ In dem Heer, das 1812 nach Rußland zog, dienten 100.000 Polen. Mit der geschlagenen französischen Armee fluteten auch die polnischen Legionen zurück. Der polnische Heerführer
Jozef Poniatowski ertrank, als er Napoleons Rückzug deckte, in der Schlacht bei Leipzig in der Elster. Nach der Niederlage Napoleons wurde Polen vom Wiener Kongreß in fünf Teile geteilt. Neben den bisherigen Teilen kamen noch ein zu Preußen gehöriges „Großherzogtum Posen“ und ein „Königreich Polen“ („Kongreßpolen“) dazu, das unmittelbar
unter der Herrschaft des russischen Zaren stand. Krakau war Freistaat und wurde erst 1846 von Österreich geschluckt. In Bürgertum und Intelligenz setzte sich die Idee durch, daß eine Voraussetzung zur Wiedergewinnung der Eigenstaatlichkeit die Bewahrung nationaler Identität sei. 1818 wurde die Universität Warschau gegründet. Im russischen Teilungsgebiet kam es zu zwei
Aufständen (1831 und 1863). Nach deren Niederlage setzte sich in Bürgertum und Adel die Idee durch, statt durch Konfrontation durch „organische Aufbauarbeit“ die Nation zu stärken. Vor allem in den preußisch und russisch besetzten Gebieten setzte ein Industrialisierungsprozeß ein. Die Künste sahen ihre Aufgabe darin, nationale Leistungen zu popularisieren. Bedeutung erlangte z.B. der Maler Jan Matejko,
der große Historiengemälde schuf. Der Schriftsteller Henryk Sienkiewicz schrieb den Roman „Kreuzritter“. In ihm geht es um den Sieg Polens und Litauens gegen den übermächtig erscheinenden Deutschen Ritterorden. In „Quo Vadis“ schildert er das überlebende Christentum im Römischen Reich. Die russische Teilungsmacht setzte eine harte Entnationalisierungspolitik durch. Nicht nur in den höheren Schulen auch in den Volksschulen wurde der Gebrauch polnischer Sprache verboten. Amtssprache wurde Russisch. Statt „Königreich Polen“ wurde der Begriff „Weichselland“ eingeführt. Diese Russifizierung stärkte unfreiwillig das polnische Nationalbewußtsein. Auch die preußische Teilungsmacht betrieb
Entnationalisierung. Auch sie wollte die Verdrängung der polnischen Sprache. Hier wurde Deutsch zur alleinigen Amtssprache. Durch Zwangsausweisungen von Polen und Ansiedlung Deutscher soll ein Übergewicht von Deutschen hergestellt werden. Auch die Germanisierung stärkte das polnische Nationalbewußtsein.
Vor dem Ende des I. Weltkrieges, gab es zwei Konzeptionen eines neuen Polen. Die „jagiellonische“ Konzeption des Sozialisten Jozef Pilsudski sah einen Vielvölkerstaat aus Polen, Litauern, Weißruthenen und Ukrainern vor. Die „Piastische“ Idee des Nationaldemokraten Roman Dmowski wollte eine Ausweitung nach Westen bis an die Oder, in das Gebiet das einst Polens Piastenfürsten besessen hatten.