Beharrlich verfocht Adenauer, obwohl er privat ganz andere Ansichten hegte, die Notwendigkeit des Abschlusses eines Friedensvertrages und den Rechtsanspruch Deutschlands auf die Gebiete, die 1937 zum Deutschen Reich gehörten.
Die Bundesrepublik Deutschland hatte in den ersten Jahren kein Mandat um offizielle Beziehungen zu anderen Staaten aufzubauen. Bis zur Erlangung der Souveränität am 5. Mai 1955 ging es ihr vor allem um den
Aufbau von Beziehungen zum Westen, sie trat dem nordaltantischen Verteidigungsbündnis (NATO) bei. Gewöhnlichwird behauptet, Adenauer habe es als seine wesentliche Aufgabe angesehen, außenpolitisch die Versöhnung mit Frankreich, die
Wiedergutmachung am jüdischen Volk und dem Staat Israel und die Verständigung mit Polen zu regeln. In der operativen Politik richtete Adenauer jedoch seine ganze Energie auf die Erreichung der ersten beiden Ziele. Adenauers Politik in Richtung Osteuropa behauptete vor allem den Alleinvertretungsanspruch deutscher Interessen. Ohne Friedensvertrag, behauptete Adenauer, sei ein Schlußwort über Deutschlands Grenzen von 1937 nicht
gesprochen. Als 1950 die DDR die polnische Westgrenze anerkannte, erklärte Adenauer den Vertrag für „null und nichtig“. Der Bundesrepublik fehlten die Mittel diese revisionistischen Ansprüche umzusetzen. Mit dem NATO-Beitritt mußte die Regierung sogar versichern, die Wiederherstellung deutscher Einheit nur friedlich zu betreiben.
Trotz der Haltung Adenauers existierten Wirtschaftsbeziehungen mit Polen. Polen unterhielt sogar eine Handelsmission in Frankfurt. Die Bundesrepublik räumte Polen günstige Kredite ein. Umgekehrt erleichterte Polen die Familienzusammenführung: 1958 durften 110.753 Menschen in die Bundesrepublik ausreisen. Mit der Hallstein-Doktrin vom Juni 1956 wurde die Polen- und Osteuropapolitik Adenauers zu einer Funktion der Deutschlandpolitik. Die Bundesregierung nahm diplomatische Beziehungen zu Staaten nur auf, wenn sie die DDR nicht anerkannten. Die Nichtanerkennung der polnischen Westgrenze wurde in der Bundesrepublik von den Verbänden der Vertriebenen aber auch von den Oppositionsparteien SPD und FDP unterstützt. In privaten Gesprächen gab Adenauer zu, daß eine Wiederherstellung der Grenzen von 1937 unmöglich sei.
Als jedoch S. Stomma von der polnisch-katholischen ZNAK-Bewegung zu einem Besuch in der Bundesrepublik war, erhielt er von Außenminister Heinrich von Brentano die Auskunft: „Man kann nicht über den eigenen Schatten springen.“
Als Adenauer am 10. März 1958 in Köln zum Ehrenritter des Deutschherrenordens geschlagen wurde und sich dabei im Schmuck eines Kreuzritters mit weißem Mantel und schwarzem Kreuz ablichten ließ, rief dies in Polen heftige Proteste hervor. Das Symbol schien genau auf Adenauers Außenpolitik zu passen.
Initiativen zu einem Gewaltverzichtsabkommen mit Polen wurden von Adenauer sabotiert. Polen lehnte dagegen die von Adenauer favorisierte Einrichtung von Handelsvertretungen in beiden Ländern ab, wenn nicht die Grenzfrage geregelt würde. Erst am 7. März 1963 wurde die Einrichtung von Handelsmisionen – ohne konsularische Rechte – vereinbart.