Küstrin - Kostrzyn
Die Festung Küstrin wurde immer wieder belagert. Nach der letzten Belagerung 1945 entstand am rechten Wartheufer eine neue Stadt, die Altstadt blieb wüst.
Die alte Festungsstadt Küstrin lag strategisch günstig an der Mündung der Warthe in die Oder. Die slawischen Pomoranen legten hier als erste eine Befestigung an, die 1232 von Herzog Boleslaw V. dem Templerorden überlassen wird. Der Orden beruft einen Lokator, der eine Stadt gründet. Nach einigen Besitzwechseln fällt die Stadt zu Beginn des 15. Jh. noch einmal einem Ritterorden zu: der Deutsche Orden läßt eine Brücke über die Oder und eine feste Burg bauen. Bereits 1455 wird Küstrin brandenburgisch. Markgraf Hans errichtet ein Schloß und baut Küstrin bis 1568 zur
Festung aus. Damit ist Charakter und Schicksal der Stadt auf lange Zeit festgelegt: mehr noch als die Flußläufe und Überschwemmungsgebiete hemmen von nun an Befestigungen das Wachstum Küstrins, das in seiner Größe und wirtschaftlichen Bedeutung hinter den
Nachbarstädten Landsberg/Warthe und Frankfurt/Oder zurückbleibt. Bis ins 20. Jh. prägt die Garnison die Stadt, in der 1641 der große Kurfürst das stehende brandenburgisch-preußische Heer ins Leben rief.
Eine Episode besonderer Art verdankt Küstrin König Friedrich I. von Preußen. Anhaltende
Geldnöte veranlassten den König, in die Dienste des Alchimisten Caetano zu investieren und diesem ein großes Laboratorium im Schloß einzurichten. Als Caetano nach über zwei Jahren keinerlei Erfolge vorweisen konnte, ließ ihn der König an einem mit Flittergold überzogenen Galgen aufhängen.
Sein Enkel Friedrich II. kam unfreiwillig nach Küstrin. Nach seiner mißglückten Flucht rettet ihn nur eine Ohnmacht davor, die Hinrichtung seines Freundes Katte mitanzusehen. Eineinhalb Jahre bleibt er inhaftiert und lernt auf Befehl seines Vaters bei der hiesigen Kriegs- und Domänenkammer die Grundlagen der Landesverwaltung. Friedrich nennt Küstrin seine „Galeere“. Später leidet die Stadt im Siebenjährigen Krieg schwer und brannte, weil noch größtenteils aus Holz gebaut, nach russischem Beschuß vollständig nieder, hielt der Belagerung aber stand. Anders im Jahr 1806, als sich die Festung kampflos den Truppen Napoleons ergab, während die Franzosen selber 1813/14 die Festung ein Jahr lang gegen Russen und Preußen hielten.
130 Jahre später wurde Küstrin noch einmal zur Festung erklärt und im Frühjahr 1945 mehr als 12 Wochen gegen die Rote Armee gehalten. Die Stadt hatte 1939 etwa 24.000 Einwohner gehabt, sechs Jahre später war sie neben Glogau die am schwersten zerstörte Stadt in Deutschland. Dennoch kehrten einige
Küstriner zurück, die im Juni 1945 binnen zwei Stunden ausgewiesen wurden. Das links der Oder gelegene Küstrin-Kietz kam an die DDR. In den ersten Jahren unter polnischer Verwaltung wurden die Trümmer der Altstadt weitgehend abtranportiert und für den Wiederaufbau Warschaus verwendet. Auf den zur Oder hin liegenden Wällen wurde ein sowjetischer Soldatenfriedhof angelegt. Kostrzyn wurde auf dem Gebiet der Neustadt gebaut, ohne alle dort einst errichteten Altbauten wiederaufzubauen. Wegen der Altstadt-Wüstung wird Küstrin/Kostrzyn auch das „polnische Hiroshima“ genannt. Nach 1989/90 erhielt Kostrzyn eine Straßen- und Eisenbahnverbindung über die Oder und ist nach über 50 Jahren wieder Verkehrsknotenpunkt. Heute hat die Stadt fast 18.000 Einwohner und gehört zu der Sonderwirtschaftszone Kostrzyn-Slubice, die besonders günstige Bedingungen für Investoren bietet.
