Zitat

Deutsche & Polen

Jurek oder Georg K. 1936 - 1942

Der erste Deutsche, dem ich in meinem Leben begegnete, war Jurek K. Dabei wusste ich gar nicht, dass er ein Deutscher war. Er trug zwar einen deutschen Namen und war evangelisch, gleichzeitig aber wirkte er sehr aktiv mit im Bund Polnischer Pfadfinder, einer patriotischen Jugendorganisation. Sein Vater war Lehrer in einer Volksschule. Jurek war mein bester Freund - wir saßen drei Jahre lang in derselben Schulbank. Wir mussten uns trennen, als ich im Herbst 1938 in die Kadettenschule in Lwów (Lemberg) eingetreten war.

Wir sahen uns wieder im Dezember 1939, nach der Rückkehr von den durch die Kriegswirren bedingten „Wanderungen“. Wir trafen uns zufällig. Ich sagte: „Hallo Jurek, ich freue mich, dass du lebst. Was werden wir jetzt machen, wo alle Schulen geschlossen sind?“ Seine Antwort war etwa so: „Erstens - ich bin nicht Jurek sondern Georg , zweitens - nicht Hallo sondern Heil Hitler, drittens - wenn du mit einem Deutschen sprechen willst, dann mußt du deutsch sprechen. Lerne also deutsch, mein Lieber, sonst wird‘s dir schlecht gehen.“

Ich traf ihn noch einmal im Sommer 1942, kurz vor meine Verhaftung durch die Gestapo. Er paradierte stolz in einer Uniform der Waffen-SS. Er lächelte mich an, hob die Hand zum Hitlergruß und sagte: „Heil Hitler, Sławek, wie geht‘s ?“ Meine Antwort war: „Guten Tag, Georg, mir geht‘s schlecht, obwohl ich schon ziemlich gut deutsch spreche.“ Er lächelte wieder und sagte: „Da kann ich dir leider nicht helfen.“ Ich zuckte die Achseln, und jeder von uns ging seiner Wege. Zusammen durften wir sowieso nicht gehen, wahrscheinlich wollten wir es auch nicht.

Nach dem Krieg habe ich erfahren, dass Georg K. irgendwo an der Ostfront gefallen ist.

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