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Deutsche & Polen

Das Vereinswesen der Ruhrpolen

Valentina Maria Stefanski
Biografie

Die ersten waren die Kirchenvereine. Wir hatten jeweils einen Schutzpatron des Heligen Martin und Jozef, Elisabeth. Es gab die Rosenkranzbruderschaften. Die Rosenkranzbruderschaften beteten jeden Monat in einer Kirche, in einer deutschen Kirche gemeinsan den Rosenkranz. Den ersten weltlichen Verein gab es, glaube ich, schon '76. Das war “Eintracht“ in Dortmund. Das war der erste weltliche Verein. Den ersten Bund der Polen gab es in den 90er Jahren. Das Vereinsleben war sehr rege. Besonders die Stiftungsfeste der Vereine wurden sehr gefeiert. Und darauf möchte ich jetzt zurückgreifen: Als mein Vater kam, gab es ja all diese Vereine schon. Als er nach Dortmund kam, nach Kirchlinde. Er trat sofort solch einem Verein bei und wurde in den Vorstand gewählt. Später, im Jahre 1902 kam dann die polnische Berufsgenossenschaft dazu, der jeder Pole beitrat. Noch später, das war nach dem Ersten Weltkrieg, wurde der polnische Schulverein gegründet. Bis dahin gab es keine polnischen Sprachkurse, gar nichts. Die Kinder lernten nur polnisch im Elternhaus. Turnvereine gab es noch und Gesangsvereine. Vor allem diese Turnfeste, das waren ja Manifestationen. Die hatten eine Stärke! Es gab keine Ortschaft ohne Turnverein... Sie hatten diese typischen viereckigen Mützen mit der Falkenfeder. Ein schwarzes Beinklein, ein weißes Hemd und eine Kordel in drei verschiedenen Farben. Es war weiß und blau... Es war keine rote dabei. Denn Rot war ja verboten von der preußischen Obrigkeit. Rot-Blau-Polackenfrau... Rot wurde als polnische Farbe angesehen. Die rote Farbe war auch in Kirchenfahnen verboten. Ich glaube in der Dissertation meiner Tochter sind sie auch erwähnt, diese Verbote. Die Fahnen durften keine rote Farbe haben. Da gab es grün-gelbe... Ein ganz dunkles Rot wurde erlaubt, ein bordeaux, lila. Rot als Farbe war verboten. Diese Kordel mit den drei Bändern erinnerte an die Dreiteilung Polens. Da hat man ein bisschen was patriotisches reingebracht.

Quelle:
Stubenrauch, Jens
"Interview mit Valentina Maria Stefanski, Ruhrpolin/Westfalczyczka"
ORB, 2002

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