Zitat

Deutsche & Polen

Aus dem Bericht des Überlebenden Szmul Wasersztajn über das Massaker von Jedwabne

Mit Äxten, nagelbeschlagenen Knüppeln und anderen Folter- und Vernichtungswerkzeugen bewaffnet, trieben örtliche Rowdys alle Juden auf die Straße. Als erstes Opfer ihrer teuflischen Instinkte wählten sie fünfundsiebzig der jüngsten und gesündesten Juden aus und befahlen ihnen, das große Lenindenkmal, das die Russen in der Stadtmitte aufgestellt hatten, fortzuschaffen. Es war unmöglich schwer, doch unter einem Hagel furchtbarer Schläge wurden die Juden dazu gezwungen. Während sie das Denkmal forttrugen, mußten sie auch noch singen, bis sie es zu der angegebenen Stelle geschafft hatten. Dort zwang man sie, eine Grube auszuheben und das Denkmal hineinzuwerfen. Anschließend wurden diese Juden zu Tode gemartert und in dieselbe Grube geworfen.
[...]
Alten Juden wurde der Bart verbrannt, Säuglinge wurden an der Mutterbrust getötet, Leute wurden unter mörderischen Schlägen zum Singen und Tanze gezwungen. Schließlich schritt man zur Hauptaktion, der Verbrennung. Das ganze Städtchen wurde umstellt, so daß keiner entkommen konnte; dann befahl man den Juden, sich in Viererreihen aufzustellen, vorneweg der über neunzigjährige Rabbiner und der Schlächter, die man die rote Fahne tragen ließ, und alle mußten sie singen, während man sie zur Scheune trieb. Auf dem Wege dorthin wurden sie von Rowdys bestialisch geschlagen. Neben dem Scheunentor standen einige Rowdys, die verschiedene Instrumente spielten, um die Schreie der unglücklichen Opfer zu übertönen. Einige versuchten sich zu wehren, aber sie waren wehrlos. Blutüberströmt und verletzt, wurden sie in die Scheune gestoßen. Dann wurde die Scheune mit Benzin begossen und in Brand gesteckt, woraufhin die Banditen die jüdischen Behausungen nach zurückgebliebenen Kranken und Kindern absuchten. Die Kranken, die sie fanden, trugen sie zur Scheune, die kleinen Kinder banden sie zu mehreren an den Beinchen zusammen und schleppten sie auf dem Rücken herbei, legten sie auf Mistgabeln und warfen sie auf die glühenden Kohlen.

Quelle:
Jan Tomasz Gross
"Nachbarn"
Der Mord an den Juden von Jedwabne
München, 2001
S. 25 f.

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