23.8.1939
Hitler-Stalin-Pakt
Hitlers drängendes Begehren und seine Eile geben Stalin eine gute Verhandlungsposition. Am 23. August unterzeichnen die Außenminister Ribbentrop und Molotow stellvertretend für ihre Regierungen den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt. Noch am selben Tag wird ein geheimes Zusatzprotokoll vereinbart, das die Aufteilung Polens und dessen Ende als unabhängiger Staat vorsieht.
Berlin Ende August 1939. Hitlers Außenminister von Ribbentrop fliegt nach Moskau. 
Überraschend für alle Welt wird im Kreml ein Nichtangriffspakt zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion geschlossen. In einem geheimen Zusatzprotokoll vereinbaren Ribbentrop und sein Amtskollege Molotow die erneute Aufteilung Polens. Wie ist es zur Annäherung dieser beiden ideologischen Erzrivalen gekommen? Ende 1939
kam es zu ersten Verhandlungen zwischen Frankreich, Großbritannien und der Sowjetunion über den Abschluß eines Dreierpaktes gegen Hitler. Die Gespräche kamen jedoch ins Stocken, Moskau vermutete eine Hinhaltetaktik der Westmächte, in Paris und London wuchs das Mißtrauen gegenüber Stalins imperialen Absichten. Anfang August 1939 wendet sich das Blatt völlig: Am 14. August 1939 unterbreitet Ribbentrop dem sowjetischen Außenminister Molotow
eine Konzeption der beiderseitigen Annäherung. Das unzweideutige Angebot einer territorialen Regelung in Osteuropa hat Stalin sofort begriffen. Molotow antwortet, daß man dem anzustrebenden Nichtangriffspakt ein spezielles Protokoll anhängen solle, „das die Interessen der vertragschließenden Teile an diesen oder jenen Fragen der auswärtigen Politik regelt“. Berlin drängt auf sofortigen Abschluß eines Vertrages, die aggressive
Haltung Polen gegenüber wird unverhohlen ausgesprochen. Hitler persönlich schickt Stalin ein Telegramm, um den Fortschritt der Verhandlungen noch zu beschleunigen. Stalin ist klar, daß es um Hitlers militärische Planung geht und antwortet prompt. Einen Tag, bevor Ribbentrop den Pakt unterzeichnet, ist Hitler von seinem Triumph überzeugt. Im Gegensatz zu den westlichen Verhandlungspartnern kennt die nationalsozialistische Führung keine Skrupel, gewährt der Sowjetunion, was sie will, und läßt jede von den Sowjets gewünschte Formulierung zu. So werden die Verhandlungen um den Pakt rasch zu einem Ende geführt. Der Pakt zwischen Hitler und Stalin ist nichts anderes als die Absprache einer erneueten Teilung Polens. Der Historiker Martin Broszat schreibt in seinem Grundlagenwerk „Zweihundert Jahre deutsche Polenpolitik“ über den Hitler-Stalin-Pakt: „Der Pakt mit Rußland gab Hitler die entscheidende, freilich trügerische Selbstsicherheit, daß Polen isoliert bleiben würde und ohne Risiko eines großen europäischen Krieges geschlagen werden könne. In der Euphorie über den gelungenen
Schachzug übersah Hitler, daß die Westmächte dadurch zwar äußerst alarmiert, aber in ihrer Entschlossenheit eher gestärkt als geschwächt worden waren, weil jeder weitere Prestigeverlust für sie eine Katastrophe bedeuten mußte. Am 25. August wandelt London die Garantie für Polen zum förmlichen Beistandspakt um. Der französische Botschafter Coulondre gibt sein Ehrenwort als
französischer Offizier, „daß die französische Armee kämpfen wird, wenn Polen von Deutschland angegriffen werden sollte“. Noch einmal wird Hitler schwankend und versucht in letzter Sekunde eine Politik der diplomatischen Erpressung. Ultimativ fordert er von Polen die Abtretung Danzigs und eine Volksabstimmung im nördlichen Gebiet des Korridors. Warschau konnte und wollte jedoch nicht auf die 24-Stunden-Frist eingehen. In der Nacht zum 31. August erklärt Ribbentrop, die deutsche Regierung betrachte ihr Angebot als erledigt und werde sich nun selbst ihr Recht holen. Am Nachmittag des 31. August gibt Hitler den endgültigen Befehl zum Angriff auf Polen.
