Die Kaiserreiche sind zusammengebrochen, zur neuen Friedensordnung von Versailles gehört ein neuer polnischer Staat.
"Deutschland erkennt wie die alliierten und assoziierten Mächte es bereits getan haben, die völlige Unabhängigkeit Polens an und Verzichtet zugunsten Polens auf alle Rechte und Ansprüche auf das Gebiet...Soweit die Grenzen durch den gegenwärtigen Vertrag nicht festgelegt sind, werden sie von den alliierten und assoziierten Hauptmächten später bestimmt. Ein aus sieben Mitgliedern zusammengesetzter Ausschuss, von denen fünf durch die alliierten und assoziierten Hauptmächte, eines von Deutschland und eines von Polen ernannt werden, tritt zwei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages zusammen, um an Ort und Stelle die Grenzen zwischen Polen und Deutschland festzulegen..."
Im Artikel 87 des Versailler Vertrages wird die völkerrechtlich verbindliche Anerkennung des polnischen Staates und seiner Grenzen festgelegt. Die Jahre 1917 und 1918 werden zu Schicksalsjahren der ehemaligen Teilungsmächte Polens. Russland, Österreich und das Deutsche Reich verlieren ihre polnischen Landesteile
Die Gebietsveränderungen gehen einher mit einer grundsätzlichen Veränderung des Staatswesens und der gesamten politischen Landschaft in Europa. In ihm wird es den neuen polnischen Staat wenig mehr als zwei Jahrzehnte geben.
Einen Tag vor der deutschen Kapitulation, am 8. November 1918, wird Jozef Pilsudski aus der Magdeburger Haft entlassen und in Begleitung des Diplomaten Harry Graf Kessler nach Berlin gebracht. Am 10. November trifft Pilsudski in einem Sonderzug in Warschau ein. Er wird Oberbefehlshaber der polnischen Truppen und der neue starke Mann Polens. Er regelt den Abzug der deutschen Einheiten. Noch heute ist der 11. November einer der beiden Nationalfeiertage in Polen. Als am 9.
November 1918 in Deutschland die Revolution ausbricht, bilden sich auch in den im Osten stationierten deutschen Armeen revolutionäre Soldatenräte. Ihnen überträgt General von Beseler die Befehlsgewalt. Er verläßt mit seinem Stab – auf einem Schiff, das ihm Jozef Pilsudski zur Verfügung stellt – die polnische Hauptstadt. Die deutsche Militärmacht ist zusammengebrochen.
Der Oberste Soldatenrat ist nicht an Herrschaftsausübung, sondern an der geordneten Zurückführung der deutschen Truppen in die Heimat interessiert. Als erste auswärtige Macht nimmt am 14. November 1918 das zu diesem Zeitpunkt vom Rat der Volksbeauftragten regierte Deutsche Reich mit dem neuen Staat Polen diplomatische Beziehungen auf und ernennt Harry Graf Kessler zum ersten Gesandten in Warschau.
Wenn auch die ersten außenpolitischen Beziehungen zwischen den Nachbarn bald wieder abgebrochen werden, erkennen nun andere Staaten Polen an, so am 30. Januar 1919 die Vereinigten Staaten von Amerika. Nach 123 Jahren Teilung und Unterdrückung leben die Polen wieder in einem eigenen Staat. Der Konflikt mit den Deutschen scheint von Anfang an der neuen Republik eingeboren,
denn noch ist das Staatsterritorium der beiden Völker nicht endgültig festgelegt. Die Deutschen, auch die „neuen Männer“ von Weimar, propagieren den „Kampf um die verlorene Ostmark“, die Polen wollen den Bestand ihrer Siedlungsgebiete festigen.