Der polnische Herzog Konrad von Masowien bittet den Deutschen Orden um Intervention gegen die heidnischen Pruzzen. Die Truppen des Ordens sollten ihm helfen, die Prussen nicht nur abzuwehren, sondern auch zu bekehren. Hermann von Salza, der Hochmeister des Ordens, lässt sich von Kaiser Friedrich II. das vom masowischen Herzog angebotene Kulmer Land feierlich übertragen und als Besitz mit allen Rechten eines Fürsten des Reiches in der "Goldenen Bulle von Rimini" festschreiben.
Die Zeit hat uns keine Bilder von den handelnden Personen dieses prägenden Konfliktes überliefert. Lediglich die Goldbulle von Rimini, ein kaiserliches Pergament, mit einem goldenen Kaisersiegel, dokumentiert Pläne und Privilegien, die mit polnischen Interessen kollidieren mussten. Im Jahr 1226 residiert der
Hochmeister des Deutschen Ordens, Hermann von Salza, in einem burgähnlichen Palast am Lido in Venedig. Hier trifft ein Brief Konrads von Masowien, der seit 1199 im Teilfürstentum Masowien und Kujawien herrscht, ein. Der polnische Fürst bittet den christlichen Ritterorden um militärische Hilfe. Immer noch sind die heidnischen Pruzzen eine Bedrohung für das polnische Reich. Das Ansinnen des polnischen Herzogs ist für die beschäftigungslosen Kreuzritter ein Geschenk des Himmels. Für Polen erweist sich der Brief und seine Folgen als Verhängnis, das das Verhältnis zwischen Polen und Deutschen für viele Jahrhunderte belasten wird. Er löst jene Kette von Ereignissen und Taten aus, die den Mythos vom “deutschen Drang nach Osten“ begründen, jenen Mythos, auf den sich Bismarck, Wilhelm II. und der deutsche Faschismus berufen werden, ein Stereotyp, das nahezu bis zur 2.Jahrtausendwende das polnische Verhältnis zu Deutschland prägen wird.
Als Gegenleistung für die Unterwerfung der Heiden bietet Konrad dem Ritterorden das zu missionierende Kulmer Land am
rechten Weichselufer zwischen Graudenz und Thorn zum Eigentum an, ohne daran zu denken, seine eigene Hoheit dort aufzugeben. Der Orden jedoch hat von Anfang an andere Vorstellungen von seiner Mission. Bevor sich die Ritter auf den Weg nach Polen machen, leistet der Hochmeister, ein enger Berater des deutschen Kaisers, gründliche diplomatische
Arbeit. Von Kaiser Friedrich II. holt er sich den offiziellen Auftrag zur Eroberung des Landes der heidnischen Pruzzen. In der „Goldbulle von Rimini“ wird dem Orden das Privileg zur Errichtung eines eigenen Staates im Pruzzenland erteilt und dem Ordensmeister der Status eines Reichsfürsten zuerkannt.
Der Orden will am baltischen Meer seinen eigenen Staat errichten. Damit ist das Unternehmen von Anbeginn an, bevor ein Ordensritter polnisches und pruzzisches Land betritt, durch einen fundamentalen Konflikt zwischen dem polnischen Gastgeber und den gerufenen Gästen belastet. Hermann von Salza selbst kommt nie nach Preußen. Die Eroberungsarbeit findet unter Führung des Landmeisters Hermann Balk ab 1231 statt. Zunächst sind es nur eine Handvoll Ritter, später 600 Leute, und in den Hochzeiten gar 1200 Ritter und Ordensbrüder, die die Missionierung vorantreiben. Anlass für den Papst, den zukünftigen Ordensstaat 1234 unter
seine Herrschaft zu stellen. Damit ist das Land, das die Ritter mit dem schwarzen Kreuz erobern, dem Zugriff der christlichen Nachbarn entzogen. Es erhält eigene Bistümer, die nicht dem polnischen Erzbischof, sondern dem Erzbistum in Riga unterstellt werden. Konrad von Masowien übereignet dem Orden im Vertrag von Kruschwitz, an dessen Echtheit bis heute Zweifel bestehen, das Kulmer Land „zu wahrem Eigentum und vollkommener Herrschaft“. Die Kreuzritter überziehen das Land mit einer Kette von Burgen. Die ersten entstehen in Thorn / Torun und Kulm / Chelm. Von hier aus unterwerfen die Ordensritter mit Feuer und Schwert in den nächsten Jahrzehnten mit brutaler Gewalt das Pruzzenland und rotten den Stamm nahezu aus. Der Orden arbeitet nach dem Prinzip, wenig Bildung, viel Handel, wenig Missionierung, da man sonst die Pruzzen als Christenmenschen, also gleich wie andere ihres Standes behandeln und ihnen Land und Rechte lassen müsste. Gemeinsame
Kreuzzüge deutscher, polnischer und Ritter anderer Nationalitäten führen dazu, dass bis 1283 das Pruzzenland ganz in der Hand des Ordens ist. In kurzer Zeit entwickelt sich der Orden zu einer starken wirtschaftlichen Macht. Der Orden selbst – als einzige Nicht-Stadt – und sechs seiner Städte werden Mitglieder der Hanse. Über die Hafenstadt Elbing / ElblAg, bereits 1237 gegründet, entstehen enge wirtschaftliche Beziehungen zu den übrigen Ostseestädten. Zeitweise ist der Orden der größte Schiffseigner im Hansebereich. Diese ökonomische Stärke, die vor allem auf dem Transithandel sowie auf dem Export von Holz, Getreide und Bernstein beruht, wird Grundlage seiner politischen und militärischen Macht.