Mit dem Versailler Vertrag entsteht nicht nur ein neuer polnischer Staat, mit der von den Siegermächten dominierten Nachkriegsordnung beginnt ein Zeitalter neuer nationaler Auseinandersetzungen und Kriege.
Der 14-Punkte-Plan des amerikanischen Präsidenten Wilson bildet die Grundlage, auf der die alliierten Mächte in Versailles bei Paris daran gehen, Europa neu zu ordnen. Eines ihrer gemeinsamen Ziele ist die Wiederherstellung eines souveränen polnischen Staates. Besonders Frankreich wünschte ein starkes Polen als zukünftigen Verbündeten im Osten Deutschlands.Bei den Friedensverhandlungen in Paris vertritt ein Komitee die Interessen Polens, an dessen Spitze der Nationaldemokrat Roman Dmowski steht. Er tritt für eine enge Verbindung Polens an Frankreich ein. Die Gebietsforderungen der polnischen Friedensdelegationen zielen
auf eine Wiederherstellung Polens in seinen historischen Grenzen von 1772 ab. Pilsudski wollte in der Hauptsache die Wiedereingliederung östlicher Gebiete auf Kosten Rußlands, Dmowskis Interesse galt dem Westen. Er forderte neben Teilen Posens und Westpreußens auch ganz Oberschlesien für Polen. Die Alliierten gehen weitgehend auf die Forderungen der Polen ein, Danzig
wird jedoch zur freien Stadt unter der Aufsicht des Völkerbundes erklärt, für Oberschlesien eine Volksabstimmung anberaumt, die über die endgültige Grenzziehung entscheiden soll. Ein Verhandlungsergebnis, mit dem sich beide Nachbarvölker nicht zufrieden geben. Deutsche und polnische nationale Interessen
erheben Ansprüche auf dieselben Gebiete. Oberschlesien und Danzig, sie werden die beiden großen nationalen Zankäpfel der Deutschen und Polen, eine Auseinandersetzung, die mit dem Untergang der gemeinsamen Siedlungsgeschichte enden wird. Der Versailler Vertrag schreibt die alleinige Kriegsschuld Deutschland zu. Aufgrund des sogenannten „Kriegsschuldartikels“ wird der Versailler Vertrag von der äußersten Rechten bis hin zur Sozialdemokratie grundsätzlich als ein „Diktat-“ und „Schandfrieden“ abgelehnt.
In Anbetracht der alliierten Interventionsdrohung gibt es zur Vertragsunterzeichnung am 28. Juni 1919 keine politisch sinnvolle Alternative. Die Möglichkeit militärischen Widerstands wird von führenden deutschen Militärs als aussichtslos bezeichnet.
Der Vertrag tritt am 10. Januar 1920 in Kraft. Gemeinsam mit der Dolchstoßlegende wird der Versailler Vertrag in den folgenden Jahren zu extremer Agitation gegen die Weimarer Republik und das Ausland genutzt. Nicht nur die extreme Rechte wirft den „neuen Männern von Weimar“ vor, mit der Befürwortung des Vertrags zu einer Demütigung des Deutschen Reiches beizutragen.
Eine Flut von Bildern und Postkarten . zeigen die einst stolze und kämpferische Germania gefesselt und ausgenutzt am Marterpfahl. Die „Fesseln von Versailles“ zu sprengen, ist in den Jahren der Weimarer Republik daher das große politische Thema