Zitat

Deutsche & Polen

Honeckers Wille zum Einmarsch in Polen

Manfred Wilke
Biografie

Ds stand in der vorbereiteten Rede für das Treffen der Generalsekretäre am 5. Dezember 1980 in Moskau. Er hat sich das vom Politbüro absegnen lassen. Und zwar in Bezug auf die entscheidenden Daten der kommunistischen Bewegung, '53 in der DDR, '56 in Ungarn und '68 in Prag. Honecker hat sich darauf bezogen. Er hat gesagt: Wenn es um die Frage der Macht geht, dann dürfen wir Blutvergießen nicht ausschließen. Diese Sprache und diese Problemlösung war in der damaligen Situation 1980 für die Sowjets ein unkalkulierbares Risiko. Weil sie genau wussten, dass ein Einmarsch in Polen oder eine Aktivierung der dort stationierten sowjetischen Truppen aller Voraussicht nach zu Kämpfen mit polnischen bewaffneten Einheiten führen würde. Die Grundproblematk war, dass Polen nicht die Tschechoslowakei war, dass in der polnischen Krise der ganze Hass, der in Polen gegen die russische Fremdherrschaft seit dem 18. Jahrhundert angesammelt war, hochkochen würde. Das und die Entschlossenheit der Polen sich zu wehren, hat nach meiner Überzeugung die Polen damals gerettet. Man hat sich in Moskau zwischen der KPdSU und der polnischen Arbeiterpartei auf einen anderen Weg zur Konfliktlösung geeinigt. Der hieß: Die polnische Partei wird im Land das Kriegsrecht verhängen und mit eigenen Mitteln und Kräften Solidarnosc, sprich die Konterrevolution unterdrücken. Und so geschah es ein Jahr später.

Quelle:
Stubenrauch, Jens
"Interview mit Manfred Wilke, Historiker"
ORB, 2002

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