Zitat

Deutsche & Polen

Die Lokation und das Miteinander der Kulturen 1242 – 1400

Adam Krzeminski
Biografie

Sie hat, das könnte man sagen, auch eine Art Osterweiterung der europäischen Union ..., sie hat eine moderne Struktur geschaffen, eine juristische Struktur. Wir hatten Lokationen nach polnischem und nach deutschem - also Magdeburger, oder Lübecker - Recht. Und es hat sich erwiesen, dass dieses deutsche Recht, das internationale Recht in diesem Raum Europas war. Die Lokation hat auch die Hanse gebracht, und sie hat faktisch auch etwas gebracht, was wir in der polnischen Geschichtsschreibung oft vergessen: eine jahrhundertelange deutsch-polnische Symbiose.

Polnisches Bürgertum war seit dem 12. und 13. Jahrhundert deutscher und jüdischer Herkunft. Was wir sehr gerne überspringen: dieses Bürgertum war seit dem 16. Jh., sagen wir mal in Krakau, schon polnisch erzogen, aber in anderen Gebieten in Westpreußen z. B. ein Teil der polnischen Krone.

Seit dem 15. Jh. hat dieses Bürgertum - sehr loyal gegenüber der polnischen Krone - die deutsche Sprache behalten und auch seine Landtage hat dieses Bürgertum in deutscher Sprache abgehalten. Also es war schon - die polnische Respublika – war auch eine Art Minimodell der Europäischen Union, des 16. Jahrhunderts. Unser polnisches, goldenes Jahrhundert in sehr moderner Struktur und effizient.

Es war - in der Zeit der Religionskriege in Deutschland - ein Versuch einen ökumenischen Ausgleich zu finden zwischen den Orthodoxen, die in den Ostgebieten Polens und auch in Litauen sehr zahlreich waren, den Katholiken, den Protestanten, aber auch den Muslimen - es gab polnische Muslime - , den polnischen Tataren - loyal gegenüber der polnischen Krone - und natürlich auch die Juden. Und das hat man im 16. Jahrhundert mit der Gegenreformation ausgeglichen. Mit dem Sieg des Katholizismus als der offiziellen Religion wurde dieser Ausgleich ein bisschen brüchiger. Aber heute vor dem Hintergrund der Osterweiterung, oder des Beitritts Polens zur Europäischen Union können wir sehr leicht an diese Tradition des 16. Jh. anknüpfen. Das ist etwas, was wir auch in unserem Selbstverständnis mit einbringen, diese juridische Kultur von damals, der Ausgleich verschiedener Ethnien, verschiedener Konfessionen und eben auch eine Art deutsch-polnischer Symbiose im Rahmen dieses Staatswesens.

Quelle:
Stubenrauch, Jens , Hohmann, Lew
"Interview mit Andrzej Krzeminski"
ORB

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