Zitat

Deutsche & Polen

Endgültige Vertreibung

Hildegard Kittel
Biografie

Es kam die Meldung, dass wir an einem bestimmten Datum, es war im Juni, glaube ich, um 7.00 Uhr morgens mit so und so viel Gepäck einen Treck bilden sollten. Dann fuhr uns der Pole mit seinem Panjewagen nach Breslau. Wir waren nicht die einzigen. Es gab noch mehr Schliesaer, die im gleichen Treck waren. Der Pole fuhr uns bis vor den Hauptbahnhof in Breslau. Dort luden wir alles ab. Da waren viele Leute aus anderen Orten. Das war eine lange Schlange. Miliz mit Gewehren trieb uns in eine Reihe. Da haben wir uns mit unserem Gepäck in einer Reihe aufgestellt. Dort bekamen wir mit, dass irgendwas passierte. Wir mussten alle in die Bahnhofshalle rein. Dort war die sogenannte Personenkontrolle. Ich weiß noch, wie sie meinen Vater abgeklopft haben. Er hatte im Brustbeutel unsere Papiere, vielleicht auch Geld. Ich weiß, dass es unsere Papiere waren, die ich später dringend gebraucht hätte. Ich hatte nicht einmal ein Geburtsurkunde. Das war alles in dem Brustbeutel, den sie meinem Vater abrissen. Dann haben sie ihm die Stiefel ausgezogen und auf einen großen Berg geworfen. Fast bis an die Decke waren die Sachen gestapelt, die sie anderen vor uns schon weggenommen hatten. Die Papiere warfen sie auch auf einen Haufen. Dann haben sie sich an unsere Sachen rangemacht. Von dem Gepäck, das wir aus Schliesau mitgenommen hatte, das uns der Pole so mühsam hingefahren hatte, hatten wir zum Schluss noch ein Viertel. Nicht nur wir, sondern alle. Allen, allen wurde das weggenommen. Dann wurden wir auf den Bahnsteig getrieben und mussten lange warten. Es kam ein Güterzug, Viehwagen. Ich kannte das nur als Viehwagen. Wir wurden eingeladen und dann ging's los.

Quelle:
Stubenrauch, Jens
"Interview mit Hildegard Kittel, Vertriebene"
ORB, 2002

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