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Deutsche & Polen

Im Niemandsland

Hildegard Kittel
Biografie

Aber Sie müssen sich vorstellen: Es war nichts da. Kein Strom, kein Wasser, nicht zu essen, kein Laden, gar nichts. Unsere Vorräte waren inzwischen zu Ende gegangen. Wir hatten zum Glück noch zwei Kühe, hatten noch ein bisschen Milch. Der Keller war voller Kartoffeln - das war unser Glück. Sie waren noch gut, wir konnten sie verwenden. Rapsfelder waren da, die nicht abgeerntet waren. Da wurde der Raps geerntet. Jemand im Nachbardorf hatte solche alte Mühle, da wurde der Raps zu Öl gemahlen. Das war unser Glück. Deshalb sind wir nicht verhungert. Das war unsere Fettigkeit, die wir hatten. Wir haben alles mögliche mit diesem Rapsöl gemacht. Das haben wir als Fett genommen, als Brotaufstrich. Getreide hatten wir auch noch. Das wurde durch Schrotmühlen gejagt. Irgendjemand hatte ein bisschen Sauerteig aufgetrieben. Dann haben wir mit dem Schrot, den wir mit der Mühle per Hand gemahlen haben, Brot gebacken, so etwas ähnliches wie Brot. Meine Mutter hat das gemacht. Darauf haben wir den Kleister aus dem Rapsöl gemacht und haben das gegessen. Da das kaltgepresst war, wird das gut gewesen sein. Kartoffeln hatten wir, Zucker hatten wir in der Anfangszeit noch ein bisschen. Salz war das Schlimmste: überhaupt kein Salz. Jemand wusste, dass im Domenium für die Tiere Viehsalzpackungen gab. Da sind wir gegangen und haben von diesem Viehsalz was geholt. Das haben wir dann auch verbraucht.

Quelle:
Stubenrauch, Jens
"Interview mit Hildegard Kittel, Vertriebene"
ORB, 2002

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