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Deutsche & Polen

Die Vertriebenen und die Oder-Neiße-Grenze

Dieter Bingen
Biografie

Also, die Oder-Neiße-Grenze wurde als ein großes Unrecht perzipiert. Die Oder-Neiße-Grenze wurde innerlich nicht anerkannt von den Menschen. Die Politik hat sich auch lange geweigert die Oder-Neiße-Grenze als polnische Ostgrenze zu respektieren. Es stand die Forderung, zwar auf friedlichem Wege, aber doch Deutschland möglichst in den Vorkriegsgrenzen, vor den Annektionen wiederherzustellen, wenn die Menschen sich überhaupt damit befasst haben. Nach dem Ende des 2.Weltkriegs, auch in den Westzonen und in der sowjetischen Zone, haben die Menschen um das Leben gekämpft, um das wirtschaftliche Überleben, um das tägliche Wasser und Brot, und sie mussten ihre Häuser, ihre Wohnungen wiederherrichten, mussten Millionen von Flüchtlingen aus dem Osten aufnehmen. Das war eine große Belastung für sie und das war, lief am Anfang gar nicht immer so harmonisch, wie man das vielleicht eine gewisse Zeit in den 60er Jahren/ 70er Jahren dargestellt hat. Also, dass, also die Integration der Flüchtlinge aus dem Osten so leicht gewesen sei. Sie ist eine Erfolgsgeschichte, aber es ist eine sehr schwere Geschichte gewesen, weil also hier doch eben eine altstämmische Bevölkerung, eben mit einer Belastung nun auskommen musste, die nun zu den Kriegsfolgen in den Westzonen und in der sowjetischen Zone zu tragen waren. Natürlich hatten sie noch ihre Heimat, während die Ostflüchtlinge aus Schlesien, aus Pommern, aus dem westlichen Brandenburg, aus Ostpreußen, nun ja ausser den Kleidern am Leib nun gar nichts mehr hatten. Da gabs schon eine Differenz, aber da war auch viel Moderation notwendig, um diese Integrationsgeschichte zur einer Erfolgsgeschichte werden zu lassen.

Quelle:
Stubenrauch, Jens
"Interview mit Dieter Bingen"
ORB

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